Der heutige Tag war der Beginn einer dreitägigen Reise weiter in den Süden des Landes nach Hiroshima. Eine rechte Vorstellung was mich dort erwarten würde hatte ich nicht und so beseelte mich eine unbestimmte Freudige Erwartung.
Als Transportmittel nutzten wir den Shinkansen und darauf freute ich mich ebenfalls schon sehr. Wir hatten uns bislang um die Nutzung dieses Verkehrsmittels gedrückt, denn die Kosten für einen Fahrschein waren schon erdrückend. Doch dieses Mal hatte Eri eine grandiose Kombination aus Fahrschein und Hotel ausgegraben und so war es verlockend diesen Hochgeschwindigkeitszug zu verwenden.
Die Fahrt zum Bahnhof des Shinkansen verlief relativ angenehm, wenngleich wir in der beginnenden Rush-Hour unterwegs waren und so erreichten wir den Bahnhof recht entstand. Einer meiner Wünsche für die Fahrt mit dem Zug war es, uns mit je mit einem Ekiben einzudecken.
Das Wort Ekiben ist eine Kombination aus dem Wort “Eki” (Bahnhof) und “Bentō (Imbiss/Verpflegungspaket), also es ist die Form des Bentō die an Bahnhöfen verkauft werden. Wenn man bedachte, dass es Bentō schon seit dem 5. Jahrhundert in Japan gab, war es schon toll wie es dieses Gericht in die Moderne geschafft hat und dazu noch so lecker ist.
Das Angebot an Ekiben war wirklich groß und es dauerte geraume Zeit, bis ich mich entschieden hatte, doch irgendwann musste ich eine Entscheidung fällen, denn die Abfahrt des Zuges stand kurz bevor und ich wollte noch ein paar Fotos auf dem Bahnsteig machen.
Am Bahnsteig nutze ich die kurze Zeit die verblieb, um ein paar Aufnahmen des Shinkansen zu machen und es war immer beindruckend mit welcher Präzision das ganze ablief und wie mit Gesten das Zugpersonal die Abläufe regelten. Nur so kann man sich wohl erklären, dass die gesamte Flotte der Shinkansen (mehr als 300 Züge) an einem Tag weniger als 30 Sekunden Verspätung einfährt. Sollte ein Zug einmal mehr als 1 Minute oder ähnliches Verspätung einfahren, so ist eine intensive Nachschulung notwendig.
Auch für die Fahrgäste hat dieses strikte Zeitmanagement Auswirkungen, denn für das Aus- und Einsteigen blieb nicht wirklich viel Zeit. Alles musste durchaus zügig abgewickelt werden und hier war die Schlangenbildung, durchaus hilfreich.
Im Zug selber gab es die üblichen Staus, wenn die Passagiere ihre Plätze einnahmen oder man sich aneinander vorbei zwängte, wenngleich ich sagen muss, dass der Gang relativ breit gehalten ist.
Das Zugabteil machte auf mich einen sehr nüchternen Eindruck und erinnerte mich mehr an ein Flugzeug, als einen Zug, so wie ich ihn aus Deutschland her kannte. Doch das machte nichts, denn zum Sitzen gab es wunderbar viel Platz und auch an der Beinfreiheit wurde nicht gespart. Selbst ich konnte bequem Platz nehmen und die Reise entspannt antreten.
Wir hatten an diesem Morgen das Frühstück ausfallen lassen und so dauerte es nicht lange, bis wir uns über unser Ekiben her machten. Ich muss gestehen, dass das meinige nicht so toll war, wie die Präsentation im Bahnhof es verhießen hatte, doch dies ist nicht missverstehen, es war noch immer wirklich gut. Eris Ekiben entsprach mehr dem was wir im Bahnhof gesehen hatten und wirkte auf mich ansprechender.
Die rund 300 Kilometer nach Hiroshima legten wir in 90 Minuten zurück und von dieser Zeit bekam ich nicht viel mit, denn ich war kurz nach dem Essen eingeschlafen und so fühlte ich mich relativ frisch als das Erlebnis Hiroshima begann.
Etwas Herausforderung verlangte uns der Bahnhof ab. Wir sahen uns von Ausgangs-Schleusen umgeben und hatten dadurch das Gefühl, all zu leicht den falschen Ausgang zu wählen und nicht wieder zurückkehren zu können. Es kam auch so, wir standen auf einmal draußen, wussten aber nicht ob wir dort richtig waren. Ok, wir waren es und hatten auch die korrekte Seite des Bahnhofs erwischt. Hätten wir auf die andere Seite gemusst, uns hätte es sich nicht erschlossen wie wir nun dort hin gelangen könnten. Zum Glück stellte sich die Frage jetzt nicht und wir brauchten nur noch das Hotel zu finden.
Wir hatten die Information, dass das Hotel nur 5 Minuten vom Bahnhof entfernt sein sollte und nach anfänglichen Zweifeln über diese Information, fanden wir unsere Unterkunft nach nicht wesentlich längerer Zeit. Nachdem man den Weg kannte, kamen die 5 Minuten auch tatsächlich hin.
Wir checkten ein, und gaben unser Gepäck ab. Aufs Zimmer konnten wir noch nicht, wir waren einfach zu früh. Doch wichtig war ohnedies nur, dass wir unser Gepäck los waren und wir uns befreit von diesem Gewicht unserem Tagesziel zuwenden konnten.
Wir wollten nach Iwakuni und uns die dortige Holz-Brücke ansehen, welches ein Kunstwerk der Brückenbaukunst repräsentiert und im Jahre 1673 seiner Bestimmung übergeben worden war. Das hieß jedoch Hiroshima wieder zu verlassen und mit einem Regionalzug zu unserem Ziel zu fahren.
In Iwakuni angelangt, ging es gleich weiter mit dem Bus und weitere 20 Min. später war das Ziel, die Brücke (Kintai-kyō) erreicht.
Direkt vom ersten Moment war ich beeindruckt, wie sich die Holzbögen auf massiven Steinpfeilern abgesetzt, über den Fluss legten und so die Überquerung des Flusses Nishiki ermöglichte.
Wir ließen uns viel Zeit beim Erkunden und versuchten den imposanten Eindruck dieses Bauwerkes einzufangen. Doch so recht daran glauben konnten wir nicht, denn es war wirklich schwer die Emotion, die Architektur und die Umgebung in ein eindrucksstarkes Foto zu bannen. So bleibt nur zu hoffen, dass die Aufnahmen Ansatzweise den Eindruck und das Erlebnis wieder spiegeln.
Es dauerte lange, bis wir schließlich die Altstadt erreichten, die uns einen anderen Eindruck vom Ort vermittelte. Nett waren die Wasserspiele, die div. Skulpturen, ein Rosengarten, doch besonders gefiel uns der dort gelegene Schrein. Hier hielten wir und wieder sehr lange auf und genossen die Gestaltung. Es war etwas schade, dass durch die Jahreszeit viel von der natürlichen Dekoration durch Bäume, Blumen usw. fehlte. Trotzdem war es eindrucksvoll.
Das örtliche Schloss, welches hoch oben auf einem Hügel über den Ort drohte, konnten wir nicht besuchen. Die Gondel war im Wartungsmodus. Es gab zwar einen Fußweg hinauf auf den Berg, doch auch das Schloss an sich war geschlossen, also schenkten wir uns den Weg hinauf und begnügten uns mit den Sehenswürdigkeiten im Ort.
Etwas ernüchternd war eine der Sehenswürdigkeiten, nämlich der Besuch einer weißen Schlange. Es gab ein kleines Reptilienhaus in dem sie ihr Heim gefunden hatte und außer dieses Reptils gab es sonst nichts zu sehen. Es half meiner Begeisterung nicht viel, dass diese Schlange den Geist einer Glücksgöttin verkörpern sollte.
Etwas begeisterte mich am Ende doch irgendwie sehr. Denn es gab im Kikko Park eine Gedenkstätte für den Musiker Hozumi Tanaka, wo eines seiner Stücke sich angehört werden konnte. Schon vom ersten Mal meines Anhörens gefiel es mir sehr gut. Ich hatte sofort den Wunsch dieses Stück aufzuzeichnen. Für diese Idee musste ich sehr kreativ sein und ich war am Ende froh, dass es mir gelungen war.
Von der Altstadt gingen wir zurück zur Bushaltestelle über die Brücke und versuchten erneut dieses Bauwerk auf uns wirken zu lassen und wir genossen den Spaziergang wirklich sehr.
Für die Rückfahrt zum Bahnhof stand uns ein besonderer Bus zur Verfügung. Selten am Tag setzte man einen historischen Bus für die Anbindung an und wir hatten das Glück ihn für unsere Rückfahrt nutzen zu können. Der Bus sah schon von außen nett aus, doch von innen gab er noch mehr her. Besonders die hübschen Sitzbänke aus Holz mit ihrer Polsterung machten was her. Einzig der Gang im Bus bereitete mir Probleme, er war für mich viel z u schmal und ich quetschte mich mehr hindurch, als dass ich von gehen reden könnte.
Auf den Zug, der uns zurück nach Hiroshima brauchten wir nicht lange warten. Doch mit uns strömten ganze Heerscharen an Schülern und Arbeitnehmern auf den Zug zu und so war es ein wahrer Glücksfall, dass wir einen Sitzplatz ergattern konnten. Leer wurde der Zug auf der ganzen Rückfahrt nicht wirklich, wenn die Menschenmengen einmal etwas abnahmen, konnte man davon ausgehen, das gleich ein neuer Schwall an Menschen in den Zug schwappte.
In Stadt angekommen, ging es kurz in einen Supermarkt, in dem wir uns für unser Abendessen eindeckten.
Wir hatten gerade den Markt verlassen und spazierten gemütlich in Richtung Hotel, als jemand ganz außer Atem angerannt kam, uns anhielt und erklärte, wir hätten etwas unseres Einkaufs vergessen und er hatte es dem Personal zur Aufbewahrung gegeben. Über so viel Freundlichkeit waren wir beide begeistert und glücklich und bekamen auf diese Weise das verlustig gegangene Lebensmittel zurück.
Im Hotel ging es auf Zimmer. Das Gepäck hatte man schon in unseren Raum transportiert. Wir waren sehr erstaunt wie groß und schön der Raum war und wir konnten diesen Tag wirklich in angenehmer Umgebung ausklingen lassen, was bei mir hieß, sehr schnell in Orpheus Armen zu verschwinden.
Wieder sehr gelungene Bilder.
300 Züge mit insgesamt nur 30 sek Verspätung? Ich glaube, unsere Bahn sollte mal in Japan in die Nachschulung gehen …
Ich gebe zu, ich hatte einen ähnlichen Satz in meinem Blog, hatte ihn dann aber wieder rausgenommen 🙂