Norwegen – Von Angelabenteuern, starker Strömung und einer knappen Rettung

Die Lofoten – eines der wohl bestgehüteten Geheimnisse dieser Welt. Mächtige Berge schießen direkt aus dem Meer, bunte Häuschen schmiegen sich an die Küste, und im Sommer weigert sich die Sonne schlichtweg unterzugehen. Ich wohnte in einer gemütlichen alten Fischerhütte, lebte im Takt der Mitternachtssonne und aß Fisch, den ich selbst gefangen hatte. Alles war ruhig, schlicht – und wunderbar weit entfernt vom Rest der Welt.

Bis eines Nachts plötzlich alles ganz anders kam.

Ein Mädchen aus Südafrika und ich – beide offensichtlich verzaubert vom nordischen Charme – kamen auf die (damals) großartige Idee, gegen Mitternacht in einem kleinen Ruderboot zum Hochseeangeln aufzubrechen. Die Flut war auf ihrem Höchststand, der Steg unter Wasser, und schon das trockene Einsteigen ins Boot war eine echte Kunst. Doch die Stimmung war gut, und wir stachen in See – mit viel Enthusiasmus, wenn auch wenig Erfahrung.

Zunächst lief alles bestens. Sie angelte, ich ruderte, das Boot schaukelte sanft auf den Wellen. Doch wie sich herausstellte: Die See bleibt in Norwegen nie lange sanft.

Nach und nach trieb uns die Strömung ab. Zuerst kaum merklich. Doch irgendwann war die Küste nur noch ein dünner Streifen am Horizont. Und uns dämmerte: Wir wurden wirklich aufs offene Meer hinausgezogen.

Ich ruderte wie verrückt, sie versuchte ruhig zu bleiben – doch in ihren Augen sah ich, dass die Panik längst da war. Ich sprach mit ruhiger Stimme, doch innerlich rechnete ich bereits damit, meiner Familie eine Flaschenpost aus dem Nordatlantik schicken zu müssen.

Und dann – wie in einem Film – erschien ein Licht in der Ferne. Ein Boot. Direkt auf uns zu.

Es war der Herbergsvater. Er hatte alles von Anfang an beobachtet. Gesehen, dass wir geradewegs ins Unglück ruderten – und kurzerhand sein Fischerboot gestartet, um uns zu retten.

Doch bevor er uns in den sicheren Hafen schleppte, ließ er uns noch spüren, was wir da angerichtet hatten. Die See war wild. Das Boot bockte, als würde es uns abwerfen wollen. Ich fühlte mich wie auf einem Rodeo-Pferd im Sturm. Aber ich hätte nicht glücklicher sein können – denn: Wir würden doch nicht in Grönland landen.

Zurück im Hafen, klatschnass und ein wenig benommen, wurden wir mit herzhaftem Gelächter empfangen – und mit jenen neckischen Sprüchen, die man sich nur verdient, wenn man beinahe in die Arktis schippert.

Bis heute frage ich mich manchmal, wie weit wir wohl gekommen wären, wenn niemand uns gesucht hätte.

Aber dank einem wachsamen Herbergsvater – und ein bisschen Glück – ist es eben nur eine gute Geschichte geworden. Und kein Vermisstenfall.