Australien – Tasmanien – Wandern, Staunen, Blutegel (Kinder Erzählungsversion)

Als ich meine erste große Weltreise machte, führte mich mein Weg nach Neuseeland. Dort wanderte ich zum ersten Mal über eine richtige Insel, die Stewart Island hieß. Es war nass, schlammig und irgendwie fantastisch. Ich erinnere mich noch heute an den Geruch von feuchtem Wald – und ja, auch an den Schlamm, durch den ich tapfer gestapft bin.

Irgendwann erzählte mir jemand begeistert von Tasmanien, einer wilden Insel im Süden von Australien. „Da gibt’s Berge, Regenwälder, und Tiere, die dich nachts neugierig anschauen!“, sagte er. Schon beim Zuhören wusste ich: Ich muss da hin. Kaum war ich wieder zu Hause, fing ich an zu planen.

Ich wollte nicht einfach reisen – ich wollte wandern. Richtig weit, mit Zelt, Schlafsack und allem, was man braucht. Also begann ich zu trainieren: Ich schleppte stunden- und wochenlang einen dreißig Kilo schweren Rucksack durch Wälder und Hügel, bis ich aussah wie eine Schildkröte auf zwei Beinen.

Als ich in schließlich in Tasmanien ankam, war ich sofort hin und weg. Die ganze Tasmanien Insel war in allen Punkten ein echter Genuss, doch die Natur, die dort von den Menschen gerettet worden war, war ein wahres Geschenk. Das Treffen mit Mutternatur war von der ersten Sekunde ein wunderbares Erlebnis.

Wegen dieser Herrlichkeiten fühlte mich klein – aber richtig lebendig. In der ersten Zeit in Tasmanien erzählte mir jemand, dass es auf dem großen Wanderweg, den ich unbedingt besuchen wollte, Blutegel geben sollte. Kleine, glitschige Sauger, die im Gras lauern. Ich lachte nur. „Wie schlimm kann das schon sein?“, dachte ich.

Schließlich begann meine Wanderung und am ersten Tag war alles wunderbar. Der Weg führte durch ein Tal, in dem früher ein Feuer gewütet hatte. In der früher verschwundenen Pflanzenwelt wuchs frisches Grün – wie Mut, der wieder aufblüht. Nach vier Stunden suchte ich mir einen Platz am See, stellte mein Zelt auf und kochte mir etwas zu essen. Die Sonne verschwand langsam, und ich war stolz: Mein Abenteuer hatte begonnen.

Doch plötzlich sah ich Blut auf meiner Haut. Ich runzelte die Stirn, schaute genauer hin – und traute meinen Augen kaum: Fünf Blutegel! Sie klebten an mir wie kleine, glitschige Vampire. Ich schrie auf, hüpfte durchs Zelt, und versuchte, sie abzustreifen. Es dauerte eine Weile, bis ich sie los war. Als ich schließlich erschöpft aufsah, krochen draußen über das Zelt schon die nächsten! Ich bekam Gänsehaut. Der Gedanke, hier zu schlafen, war schrecklich. In Windeseile packte ich alles zusammen, kontrollierte jeden Schuh, jeden Rucksackriemen – bloß keine Mitfahrer! – und machte mich im letzten Abendlicht auf den Weg zur nächsten Hütte.

Der Weg führte bergauf, über Wurzeln und Steine. Nur vierhundert Höhenmeter, stand auf der Karte – ha! Mit fast fünfzig Kilogramm auf dem Rücken fühlte sich das an wie ein Gebirge. Ich schnaufte, stolperte, kletterte über umgestürzte Bäume und sah bestimmt aus wie eine überladene Schildkröte, die versucht, elegant zu sein. Nach neun Stunden kam ich völlig erledigt an. Ich fiel auf die Bank in der Hütte, und mein Körper sagte nur: „Genug.“

Am nächsten Morgen fühlte ich mich, als wäre ich von einem Bagger überfahren worden. Trotzdem schnallte ich meinen Rucksack wieder auf. Der Weg war schlammig, die Holzstege wackelten, und plötzlich – zisch! – glitt eine Schlange über den Pfad. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Sie hob kurz den Kopf, sah mich an, als wolle sie sagen: „Bleib ruhig, Großer“, und verschwand im Gras. Ich atmete auf und lachte über mich selbst.

Am Abend erreichte ich eine Hütte, die schon voll war. Also schlug ich mein Zelt daneben auf. Ohne den schweren Rucksack fühlte ich mich plötzlich leicht wie ein Vogel. Ich kletterte auf einen kleinen Hügel und sah von oben, wie das goldene Abendlicht über den Bergen lag. Alles war still, nur der Wind rauschte. Für einen Moment war die Welt perfekt.

Später im Zelt hörte ich Donner grollen. Blitze zuckten, der Regen prasselte auf das Dach – ein echtes Unwetter! Ich wollte mich gerade zusammenrollen, da begannen meine Beine zu krampfen. So sehr, dass mir fast die Tränen kamen. Ich wälzte mich, griff nach meinem Rucksack und fand zum Glück meine Pferdesalbe. Ja, richtig – eine Muskelsalbe für Pferde! Ich rieb mir die Beine ein, und nach ein paar Minuten ließen die Krämpfe nach. Ich atmete tief durch und dachte: „Danke, Pferd!“

Endlich konnte ich die Augen schließen. Doch plötzlich hörte ich ein Rascheln. Ganz nah. Ich öffnete die Augen – und da, direkt vor meinem Gesicht, waren zwei große, glänzende Augen. Ein Possum! Das Tier hatte tatsächlich ein Loch ins Zelt gebissen und steckte jetzt halb drinnen, halb draußen. Es starrte mich an, frech und neugierig, und schnüffelte in Richtung meines Essensbeutels. Ich fuchtelte mit der Taschenlampe und rief: „He, raus hier, du Dieb!“ Das Possum blinzelte beleidigt, drehte sich um und verschwand. Ich lachte, obwohl mein Zelt jetzt ein hübsches, possumförmiges Loch hatte.

Am nächsten Tag regnete es in Strömen, aber das störte mich nicht mehr. Ich stapfte durch Matsch, über Stege und durch Wälder, fühlte mich stark und lebendig. Ich traf andere Wanderer, die lachten und fluchten. Eine Frau erzählte mir, sie habe einen Blutegel im Mund gehabt – ich verzog das Gesicht und dachte nur: „Dann hatte ich ja noch Glück!“

Mit jedem Tag wurde mein Rucksack leichter und mein Schritt sicherer. Ich war nass, schmutzig, müde – und glücklich. Als ich schließlich beim berühmten Cradle Mountain ankam und glücklich in die Landschaft blickte, wusste ich, dass ich nicht nur in der Mitte der Insel herrliche Natur durchquert hatte, sondern auch ein Stück von mir selbst gefunden hatte.

Ich atmete tief ein, grinste und dachte: „Was für ein Abenteuer! Aber das nächste Mal – ohne Blutegel, bitte.“