Als ich meine erste Weltreise machte, führte mich mein Weg nach Neuseeland, wo ich meine erste richtige Inselwanderung auf Stewart Island unternahm. Dieses Erlebnis blieb mir so lebendig im Gedächtnis, dass ich noch heute den Geruch von feuchter Erde und Natur in der Nase spüren kann – okay, auch den Schlamm, durch den ich gelaufen war.
Irgendwann auf dieser Reise erzählte mir jemand begeistert von Tasmanien – einer herrlichen Insel südlich von Australien. Schon während ich zuhörte, hatte ich das Gefühl, dass mich diese Idee nicht mehr loslassen würde. Kaum war ich zurück in der Zivilisation und wieder zu Hause, begann ich, meine Reise dorthin zu planen.
Ich wollte nicht einfach nur reisen – ich wollte wandern, weit und tief hinein in die Natur in Tasmanien. Wieder zu Hause zurückgekehrt, begann ich zu trainieren, trug stundenlang über Wochen und Monate einen dreißig Kilogramm schweren Rucksack durch Wälder und Hügel, gewöhnte mich an das Gewicht, an das langsame Gehen, an das Gefühl, dass alles, was ich brauchte, auf meinem Rücken lag. Damals ahnte ich noch nicht, dass mein Rucksack später deutlich mehr wiegen würde.
Als ich in Tasmanien ankam, traf mich die Insel mit ihrer ganzen Wucht. Die Luft war klar, die Wälder wirkten urwüchsig, und die Landschaften – sanft, rau und wunderschön zugleich – ließen mich staunen. Ich fühlte mich klein, aber unglaublich lebendig.
In Gesprächen mit anderen Reisenden hörte ich bald von den Blutegeln, die angeblich überall auf dem Overland Track lauern sollten – meinem großen Ziel. Ich nahm die Warnungen mit einem Schulterzucken hin. Wie schlimm konnte das schon sein?

Der berühmte Overland Track, Tasmaniens legendärer Fernwanderweg, war für zehn Tage geplant. Doch ich hatte vor, anschließend direkt weiter in den Walls of Jerusalem Nationalpark zu wandern. Insgesamt rechnete ich also mit zwei bis drei Wochen unterwegs zu sein. Also packte ich alles, was ich brauchte – und einiges, das ich nur zur Sicherheit mitnahm.
Als ich schließlich mein Gepäck wog, zeigte die Waage unglaubliche 47 Kilogramm. Ich konnte es kaum fassen, doch aufgeben kam nicht infrage. Ich beschloss, langsam zu starten – nur vier Stunden am Tag zu gehen, bis mein Körper stärker werden würde.
Schließlich erreichte ich das Gebiet des Overland Track, und der Tag meines Aufbruchs wurde zu einem der schönsten Momente meiner Reise. Ich schnallte den Rucksack auf, spürte das Gewicht auf meinen Schultern und wusste: Jetzt beginnt es. Die ersten Stunden führten mich durch ein Tal, das einst von einem Feuer heimgesucht worden war. Man konnte erkennen, wie die Landschaft sich davon erholt hatte – das alte Leben war vergangen, doch neues war bereits erwacht. Zwischen zarten Farnen, jungem Gras und stiller Weite zeigte sich, dass die Natur ihre Kraft zurückgewonnen hatte. Es war ein leiser, eindrucksvoller Beweis für ihre unerschütterliche Lebendigkeit – und ich fühlte mich, als würde ich mitten in ihrem Herzschlag wandern.
Der Weg stieg nur sanft an, und ich kam gut voran. Nach vier Stunden erreichte ich einen kleinen See, umgeben von hohem Gras. Es war still, friedlich, perfekt für mein erstes Lager. Ich stellte mein Zelt auf, kochte etwas und ließ mich entspannt in mein Zelt sinken. Doch plötzlich bemerkte ich Blut auf meiner Haut. Irritiert sah ich genauer hin – und entdeckte fünf Blutegel, die sich an mir festgesaugt hatten. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich hatte zwar gelesen, wie man sie entfernt, aber in diesem Moment war das etwas anderes. Es dauerte eine Weile, bis ich sie los war.

Als ich danach nach draußen sah, entdeckte ich weitere Blutegel, die über das Außenzelt krochen. Der Gedanke, in dieser Wiese zu schlafen, ließ mir das Blut in den Adern stocken. Ich packte hektisch alles zusammen, prüfte jeden Rucksackriemen, jeden Schuh, und machte mich im letzten Licht des Tages auf den Weg zur nächsten Hütte. Ich war froh, diese Situation hinter mir zu lassen, doch während ich weiterging, kamen neue Sorgen auf. Der Weg führte über einen Pass in den Bergen – nur etwa vierhundert Höhenmeter, doch mit fast fünfzig Kilogramm auf dem Rücken schien das wie ein kleines Gebirge.
Ich war erstaunt, dass ich den Aufstieg besser bewältigte, als ich gedacht hatte, und schließlich den Pass erreichte. Doch der Abstieg hatte es in sich. Es ging steiler hinunter, der Boden war rutschig, und das eigentliche Problem waren die vielen umgestürzten Bäume, unter denen ich mich durchzwängen musste – oft auf dem Bauch kriechend. Nach jedem dieser Hindernisse musste ich meinen Rucksack, den ich vorher abgesetzt hatte, wieder mühsam auf die Schultern hieven. Erst als ich endlich die Hütte erreichte, merkte ich, wie erschöpft ich war. Neun Stunden war ich insgesamt unterwegs gewesen, und ich fühlte mich vollkommen leer.
Die Nacht brachte keine Erholung. Mein Körper war überfordert, und selbst am Morgen fiel mir jede Bewegung schwer. Ich kämpfte mit mir, aufzustehen, und entschied mich schließlich für eine kürzere Etappe. Früh am Tag brach ich auf, unsicher, wie weit ich kommen würde, doch froh, wenigstens unterwegs zu sein.
Bald merkte ich, dass es besser lief, als ich erwartet hatte. Der Weg blieb anspruchsvoll, aber ich hatte wieder Rhythmus gefunden. Ich balancierte über schmale Holzstege und Baumstämme, wich Schlangen aus, lachte über meine unbeholfenen Bewegungen und fühlte mich trotz aller Mühe lebendig.
Am Abend erreichte ich wieder eine Hütte, die jedoch schon voll war. Also schlug ich mein Zelt daneben auf. Ohne den schweren Rucksack fühlte ich mich plötzlich leicht wie ein Vogel und beschloss spontan, noch auf einen nahegelegenen Hügel zu steigen. Der Blick dort oben raubte mir den Atem: Das goldene Licht der Sonne lag über den Tälern, die Stille vibrierte fast. In diesem Moment war alles perfekt.

Als ich mein Zelt wieder erreicht hatte, aß ich schnell etwas, musste mich dann jedoch zum Schlafen hinlegen. Während ich versuchte einzuschlafen, hörte ich heftiges Donnern, und selbst durch die Bäume über mir bemerkte ich die grellen Blitze. Es war schon etwas anstrengend, doch in derselben Sekunde kam der nächste Hammer. Ich erhielt heftige Muskelkrämpfe, und sie schossen mir durch die Beine – so stark, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Ich konnte mich kaum bewegen und sie im Grunde nicht in den Griff bekommen, obwohl ich aus meiner langen Schwimmzeit schon viel zu dem Thema gelernt hatte. Dann erinnerte ich mich an meine Muskelsalbe für Pferde – meine Rettung in letzter Minute. Unter Schmerzen arbeitete ich mich zu meinem Rucksack vor, fand die Tube und rieb mir die Beine ein. Nach ein paar Minuten lösten sich die Krämpfe, als hätte jemand die Luft aus einem angespannten Knoten gelassen. Ich atmete tief, erschöpft, erleichtert.
Gerade als ich wieder eingeschlafen war, hörte ich ein leises Rascheln. Etwas bewegte sich im Zelt. Ich öffnete die Augen – und blickte in zwei große, glänzende Augen. Ein Possum. Mein Herz schlug bis zum Hals. Das Tier starrte mich an, neugierig und frech. Dann verstand ich, was es wollte: mein Essen. Ich fuchtelte mit meiner Taschenlampe, und das Tier flitzte davon – durch das Loch, das es in mein Innenzelt gebissen hatte, um hereinzukommen. Schnell packte ich meinen Essenssack und brachte ihn in die Hütte, wo auch die anderen Wanderer ihre Vorräte aufgehängt hatten. Erst dann kehrte Ruhe ein, und ich fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Von diesem Abend an lief alles leichter. Der Regen kam, der Wind pfiff, doch ich fühlte mich stark und ruhig. Kein Blutegel mehr, keine Krämpfe – nur das gleichmäßige Knirschen meiner Schritte und das Rauschen der Wildnis. Unterwegs traf ich andere Wanderer, manche lachend, manche erschöpft. Eine Frau erzählte mir, sie habe einen Blutegel im Mund gehabt, ein junger Mann sogar an einer Stelle, über die man nicht gern spricht. Ich war froh, dass ich glimpflich davongekommen war.
Mit jedem Tag wurde mein Rucksack leichter, mein Gang sicherer, mein Geist klarer. Gegen Ende begegnete ich einigen, die ihre Tour wegen des vielen Regens abbrachen. Sie schenkten mir ihr ganzes Essen, und sie waren alle am Anfang ihrer Wanderung und an ihrem Ende. Es war wahrlich eine großherzige Geste, auch wenn mein Rucksack dadurch wieder deutlich schwerer wurde. Doch diesmal machte mir das nichts mehr aus. Ich war stark, geerdet, erfüllt von einer tiefen Zufriedenheit.

Am Ende der Wanderung befand ich mich beim berühmten Cradle Mountain, blickte zurück in die Landschaft und wusste: Diese Tage würden mich nie wieder loslassen. Ich hatte nicht nur die herrliche Natur in der Mitte der Insel durchquert, sondern auch mich selbst.
